Wallenhorst bezuschusst Mobilität seiner Bürger mit knapp 5 Cent ! pro Bürger und Tag - was es dafür (leider nicht) gibt

Am 26.01.2025 erschien in der online-Ausgabe der NOZ ein Artikel mit dem Titel:
"Klares Signal: Wallenhorst legt sich bei ÖPNV-Reform endgültig fest"
https://www.noz.de/lokales/wallenhorst/artikel/klare-sache-wallenhorst-legt-sich-bei-oepnv-reform-endgueltig-fest-48217979




Pro Stadtbus Osnabrück liegt dazu eine Stellungnahme des Fahrgastverbandes Pro Bahn vor, die wir für diskussionswürdig halten und nachstehend anbieten dürfen:

Wallenhorst bezuschusst Mobilität seiner Bürger mit knapp 5 Cent ! pro Bürger und Tag - was es dafür (leider nicht) gibt

Landkreis und Rat der Gemeinde Wallenhorst haben dem letzten Stand des Busverkehrsangebotes zugestimmt. Vorab haben sich Wallenhorster Ratsmitglieder ziemlich viel Mühe gegeben und sich in Ausschuss und spezieller Ratssitzung mit dem Thema befasst. Als Beobachter hatte ich den Eindruck, dass es den meisten Teilnehmern darum ging zu rechtfertigen, dass trotz erkannter Mängel die Zustimmung zum letzten Stand des Angebotes der Busunternehmer der Arge Hummert/ Hülsmann als Bieter für ein eigenwirtschaftliches Angebot das geringere Übel im Vergleich zur kurzfristigen Nachverhandlung sei. Als Zuhörer konnte ich eine inhaltlich zielführende Diskussion bezüglich des Machbaren nicht feststellen. 

Die bittere Folge der Entscheidung unter von Landkreis und Gemeinde Wallenhorst selbst erzeugtem Zeitdruck: Aus Sicht des Fahrgastverbandes Pro Bahn e. V., Regionalverband Südwest-Niedersachsen, hätte Wallenhorst mit nahezu identischer Nutzkilometerleistung der Busse ein Mehr an Nutzen für Bürger und Gäste erhalten können. Erkennbar ging es im Rat und vor allem Bürgermeister Steinkamp darum, das leidige Thema abzuhaken, um seiner Verwaltung jedwede weitere Arbeit im Dialog mit den beiden Busunternehmen zu ersparen. Da wirken dann fragwürdig gemeinte Angstmacher von Verwaltungsseite, Hummert und Hülsmann lehnten weitere Gespräche ab, das Angebot sei zunächst faktisch in Stein gemeißelt, jede Alternative (Ausschreibung) sei gefährlich, eine Ausschreibung der Verkehrsleistungen (macht viel Verwaltungsarbeit) bedeute quasi fast beinahe den Untergang. Hülsmann und Hummert hätten signalisiert, so ich das richtig verstanden habe, sich an einer Ausschreibung der Verkehrsleistungen in keinem Fall zu beteiligen. 

Für jede Ausschreibung hätten Landkreis und Gemeinde Wallenhorst zuvor klipp und klar festlegen müssen, auf welches Wunschangebot sich Verkehrsunternehmen bewerben dürfen. Klug gewesen wäre seitens Landkreis und Gemeinde Wallenhorst, sich da drüber bereits ab dem ersten! Tag des Starts des gegenwärtigen Notfahrplan im November 2023! zu verständigen. Soll ein Verkehrsangebot geordnet starten, ist ein Jahr Vorbereitungszeit für Busunternehmen durchaus nicht zu viel.  

Der Landkreis hat, so ich aufmerksam genug zugehört habe, für das sich selber aufgelegte Mindestangebot im Bereich der VOS Wallenhorst den Zuschuss gegenüber dem vorausgegangenen Verkehrsvertrag verfünffacht!

Für das, was an gewünschten Verkehrsleistungen drüber hinausgeht, ist Wallenhorst finanziell selber verantwortlich. Wallenhorst aber glaubt, mit dem bereits beim letzten Mal sehr viel zu geringen Zuschussbetrag auch künftig auszukommen. Und vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert, wenn mit dem gedeckelten Zuschuss der Gemeinde - knapp 5 Cent ! pro Bürger und Tag - nicht ein Maximum an Fahrgastnutzen wenigstens angestrebt, sondern das Thema Fahrgastnutzen aus Bequemlichkeitsgründen eilig beerdigt wird.

Dazu abschließend konkret einige Beispiele: 

  • Aus dem stark besiedelten Norden von Hollage  (Bereich Stephansring) ließe sich eine umsteigefreie Verbindung zum Verwaltungsschwerpunkt - Wallenhorster Rathaus - mit der im Gewerbegebiet Hollage beginnenden Linie herstellen, die künftig mit fragwürdigem Nutzen 2 x stündlich über Pye nach Osnabrück fahren soll, was 2 x stündlich eine Abstimmung mit der Stadt Osnabrück erfordert, will Wallenhorst die Kilometer im Osnabrücker Stadtgebiet nicht selber bezahlen. Anspruch darauf, dass Osnabrück die Linienkurse aus/ nach Wallenhorst ab/ bis Stadtgrenze innerhalb Osnabrück finanziell übernimmt, besteht zu keiner Zeit. Erkennen die Zukunftsnetz-Entscheider in Osnabrück zum Beispiel, dass die Besiedlungsdichte im Bereich Pye eine Busanbindung nur 1 x die Stunde rechtfertigt, hängt Wallenhorst mit dem 2. Linienkurs auf der "Fürstenauer Weg-Linie" bezüglich der Kilometer im Stadtgebiet von Osnabrück finanziell in der Luft. 

  • Die bislang stündlich mit der Linie 582 umsteigefreie Verbindung zwischen dem Wallenhorster Ortsteil Brockhausen und dem Wallenhorster Rathaus entfällt. Die Weglänge Hollage-Zentrum - Wallenhorst Rathaus entspricht ungefähr der Wegstrecke Hollage Zentrum bis Stadtgrenze Osnabrück. Egal unter welcher Liniennummer auch immer ließe sich dieses heute stündliche Angebot stündlich weiterhin erhalten. Wie bisher würde die Buslinie stündlich über Pye und  den Fürstenauer Weg Osnabrück erreichen, was angesichts der zurückhaltenden Besiedlung entlang dieser Ache innerhalb von Wallenhorst angemessen sein dürfte. Nebeneffekt: Auch das Berliner Viertel behielte in Wallenhorst damit fast ohne Mehrkilometer den bisherigen stündlichen Busanschluss (Stationen Friedhof Wallenhorst, Zum Sportplatz, Am Bürgerpark).

  • Im frühabendlichen Berufsverkehr wirkt das Busangebot der Arge Hummert/ Hülsmann einigermaßen lieblos und fahrgastfern: Bei Hummert/ Hülsmann beginnt für Lechtingen Richtung Osnabrück bereits um 17 h der ausgedünnte Abendfahrplan, wenn die Menschen flott in den Feierabend nach Hause zur Familie gelangen wollen  - es gibt im Hauptberufsverkehr nur noch einen Stundentakt. Auf der Linie über Lechtingen wird zudem abends einmalig die Taktzeit umgestellt, an sich nicht verwerflich, aber bitte nicht mit einer 83minütigen Angebotslücke - wer soll denn bitteschön da auf den Bus warten? Im Bereich Wessels Str. sind aneinandergrenzend große Lebensmittelgeschäfte. Wer dort nach Feierabend ohne Kofferraum einkauft, muss im Zweifelsfall 83 Minuten auf den nächsten Bus warten. Dann ist das gerade erworbene Speiseeis aufgetaut, und vom Rahm-Spinat liegt nicht nur der Blub auf dem Gehweg. Überlegen lässt sich, das Angebot zwischen 9 und 11:30 Uhr - auch auf der Ruller Linie - auf einen Stundentakt auszudünnen, wenn es finanziell drückt, aber doch bitte nicht zwischen 17 und 19 Uhr! Wer für sich keine zumutbare Heimfahrt vom Arbeitsplatz zur Familie erkennt, nutzt den Bus auch nicht zur Fahrt zum Arbeitsplatz.

  • Die Busanbindung von Rulle hat einen besonderes unappetitlichen Beigeschmack. Dabei begrüßt der Fahrgastverband ausdrücklich eine umsteigefreie Verbindung zwischen Rulle und dem Verwaltungszentrum (Rathaus) in Wallenhorst sowie dem Hbf Osnabrück. Kritisch zu sehen ist, wenn das zwei Male die Stunde passiert, dafür aber die Besiedlung im Süden von Rulle an der Stadtgrenze zu Osnabrück gar keinen Bustakt mehr erhält: Hier ließen sich mit einer mindestens stündlich verlängerten M1 aus Osnabrück nach Rulle, wo es Platz für eine Nachladeanlage für Akkubusse gibt, umsteigefrei die Osnabrücker Innenstadt (Dom, Rathaus, Theater) und Südstadt erreichen. Dass die Busunternehmen Hummert/ Hülsmann eine solche Anbindung nicht vorgeschlagen haben, darf niemand der Arge vorwerfen: Hier sind Nutznießer Wallenhorst und - formal zuständig - der Landkreis am Zuge, sich für ein aus Fahrgastsicht akzeptanzstarkes Busangebot  zu engagieren. Die Entfernung Rulle - Stadtgrenze Osnabrück über Haster Berg ist übrigens ähnlich wie die des nahezu unbesiedelten Abschnitts Rulle - Wallenhorst, der auch mit nur einer Verbindung je Stunde dem Nachfragepotential entsprechend komfortabel bedient wäre.    

Martin Sturm, Osnabrück





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